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WARUM EIN THANKGRIM-DENKMAL IN HÜSTEN ?

Ein Leitfaden

Was hat sich ereignet?

Vor rund 1200 Jahren, z.Zt. des Kaisers Karl des Großen, vollzog sich in Hüsten eine
brutale Gewalttat, die in einem Akt besonderer menschlicher Größe ein
überraschendes Ende fand.

Im Gegensatz zu Sagen und Legenden aus der germanischen Zeit wurde diese
Tatsache in einem einzigartigen Dokument in lateinischer Sprache festgehalten.

So erhielt die Nachwelt bis heute Kunde von einem Vermächtnis, das die gerade begonnene Christianisierung im nordwestlichen Sauerland bescheinigt und Hüsten in die Geschichte versetzt.

Man stelle sich vor: Ein kleines Dorf, mit wahrscheinlich zehn bis zwölf bescheidenen Bauernhöfen, 200 – 250 Einwohnern, am Zusammenfluss von Ruhr und Röhr, wird von Missionaren aus Friesland, den heutigen Niederlanden, besucht und mit dem christlichen Glauben vertraut gemacht. Statt germanischer Mythen erfahren diese Hüstener Ende des 8. Jahrhunderts Kenntnis vom Leben Jesu und christlicher Nächstenliebe.

In diese Zeit eines beginnenden Glaubenswechsels platzt eine grauenhafte Mordtat in die vertraute Dorfgemeinschaft: Bruniko und seine Söhne ermorden Bosoko, den Sohn des Thankgrim. Der schockierte und verzweifelte Thankgrim verliert seinen hoffnungsvollen Sohn und sucht in seiner  Niedergeschlagenheit Rat und Beistand bei den Missionaren Liudgers, des Abts von Werden an der Ruhr. Liudgers Boten (oder war er es persönlich?) spenden Trost und bieten eine Lösung in Thankgrims Seelenlage. Das einberufene Freigericht verurteilt Bruniko, den Mörder, seinen gesamten Besitz an Thankgrim abzutreten. Die Familie des Bruniko ist damit mittellos.

Thankgrim befolgt den Rat der Missionare und übergibt „für das Heil unserer Seelen . . . für ewig“ das Besitztum Brunikos „in die Hände des Abtes Liudger“, wie es in der Urkunde heißt. Damit war der Grundstein gelegt, eine erste  Pfarrkirche in Hustene, dem „Haus am Wasser“, zu errichten.

Diese Urkunde von 802 zu Thankgrims Schenkung ist ein kulturhistorischer
Glanzpunkt, mit dem die Wirkung der späten Christianisierung im Sauerland
dokumentiert wird.

Der großzügige Verzicht Thankgrims und dessen Ursprung verdienen es, in einem Denkmal sichtbar gemacht zu werden. Thankgrims Seelengröße wirkt in unserer Religion bis in die heutige Zeit.

Der Schenkung Thankgrims kommt größere humanitäre Bedeutung zu als der
Waldschenkung des Grafen Gottfried IV. von Arnsberg im Jahre 1368 an die Stadt Neheim. Thankgrims Schenkung ist unmittelbare Folge der Arbeit Liudgers und seiner Missionare in einem vom täglichen Existenzkampf rein bäuerlich geprägten Umfeld.

Graf Gottfried hingegen entstammte einem begüterten Adelsgeschlecht, der nach wechselvoller Geschichte „als Letzter seines Stammes und letzter Graf von Arnsberg“ (Quelle: Geschichte Arnsbergs von Karl Feaux de Lacroix) und kinderloser Ehe am Ende seines Lebens seinen umfangreichen Landbesitz „zum Heile unserer Seele“ dem Erzbischof von Köln übertrug.

(Quelle: 600 Jahre Bürgerfreiheit Neheim-Hüsten).

Auch wenn es sich hier um eine ungleich größere Wertverschiebung handelt, liegt doch das bedeutendere Gewicht in der Schenkung Thankgrims, weil sie

a) 566 Jahre früher, in vorchristlicher Umgebung und

b) nach heimtückischem Mord an einem jungen, hofflungsvollen
Familienmitglied erfolgte.

Das in Stein gemeißelte Abbild Gottfried IV. ist im Kölner Dom zu sehen.

Wie soll das Denkmal aussehen?

Als Folge der Untat Brunikos und der edelmütigen Haltung Thankgrims soll das Denkmal den Hüstenern und Besuchern die Gewalttat vor Augen führen und Fragen nach dem Hintergrund herausfordern wie auch zu gedanklicher Beschäftigung und Diskussionen führen. Bisher ist die wahre Geschichte Thankgrims nur einer kleinen Gruppe Heimatkundiger bekannt. Das Denkmal soll als Sinnbild der menschlichen Schwächen und Stärken tiefsten Abgrund und daraus erwachsene menschliche Größe zeigen.

Jedes Kunstwerk benötigt Spannung, fordert heraus, sich mit dem Bild, der Plastik, zu beschäftigen:

Welche Absichten verbergen sich in dem Objekt des Malers oder Bildhauers?

Das geplante Thankgrim-Denkmal soll ähnlich einer Filmszene, einem Bühnenbild, in komprimierter Form die ganze Dramatik einer Schandtat zeigen. Drei Darsteller sollen die Geschichte aus dem Beginn des 9.Jahrhunderts lebendig machen.

Eine herkömmlich langweilige Figurensammlung, wie Marita Voss-Hageleit und ich sie in mehreren Städten vorgefunden haben, soll es nicht geben. Wir möchten ein Denkmal, in dem die Identifikation mit dem Stoff, wie auch die ureigene Handschrift des Bildhauers sichtbar werden.

Hüsten ist nicht gerade reich an historischen, kulturell bedeutenden Objekten,
abgesehen etwa vom altehrwürdigen Turm der St.Petrikirche, dem früheren Adelssitz Haus Hüsten als ältestem Steinhaus, dem Alten Friedhof mit Kreuzweg oder den wenigen alten Fachwerkhäusern in der Möthe.

Um so wertvoller ist die verbriefte Schenkung Thankgrims und ihre längst überfällige Würdigung.

Hüsten, 28. September 2018

Manfred Schellberg

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